Forscher im Konrad-Zuse-Museum
Raubgut im Museum?
Der Museumsverband Hessen (MVH) führt seit März Erstchecks zu NS-Raubgut in drei hessischen Museen durch. Dazu gehören neben dem Konrad-Zuse-Museum auch Museen in Hanau und Korbach. Ziel ist es, die Museumssammlungen auf NS-verfolgungsbedingt entzogene Objekte zu überprüfen. Das fünfmonatige Projekt wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert. Der Erstcheck ist für Museen in Hessen kostenfrei.
Museumsleiterin Ute Schneider zeigte Dr. Jennifer Chrost zunächst das Museum und die Datenquellen. Zwischen vielen Ordnern, Heften und Objekten begann für die Forscherin die wichtige Arbeit. Sie recherchierte und sichtete die Inventare, den hauseigenen Schriftverkehr und einzelne Objekte. Verdachtsmomente ergeben sich in allen drei Häusern. So besitzen die Museen Judaica-Objekte, bei denen die Herkunft und die Umstände des Eingangs in die jeweilige Sammlung größtenteils unbekannt sind, heißt es in der Pressemitteilung des Museumsverbandes Hessen. Chrost suchte stichprobenartig nach Indizien und Hinweisen, ob eine tieferliegende Forschung notwendig ist. Das abschließende Ergebnis steht noch aus.
In der Geschichte eines Museumsobjekts spielt die Herkunft eine besondere Rolle. Provenienzforschung erschließt mit wissenschaftlichen Methoden, woher Objekte stammen. Gehören sie dem Museum? Oder wurden sie in der NS-Zeit enteignet? „Erstchecks helfen, die Sammlungsgeschichte zu erschließen. So haben es die Museen leichter, ihrer historischen und moralischen Verpflichtung nachzukommen“, sagt Dr. Saskia Johann aus Kassel, Referentin für Provenienzforschung beim MVH, die sich ebenfalls vor Ort ein Bild machte.
Der MVH übernimmt die Projektkoordination. Die Erstchecks richten sich besonders an Museen, die nicht von sich aus Provenienzforschung betreiben können. „Sie sind gerade für kleinere und mittelgroße Museen ein bewährter Einstieg in die Provenienzforschung, da diese aufgrund des Mangels an Personal, Zeit und Geld Provenienzforschung nicht proaktiv betreiben können“, verdeutlicht Johann. Sollte sich herausstellen, dass ein Objekt NS-Raubgut ist, startet die Suche nach Nachkommen oder Erbberechtigten. „Die Menschen hinter den Objekten sollen sichtbar bleiben“, sagt Chrost.
Für den Museumsverband Hessen ist es der zweite Erstcheck. 2022 wurden erfolgreich die Stadtmuseen in Bad Wildungen und Eschwege, das Vonderau Museum Fulda und das Heimatmuseum Reinheim auf jüdischen Vorbesitz überprüft.
Zur Geschichte des Museums
Die Geschichte des Konrad-Zuse-Museums mit Stadt- und Kreisgeschichte geht auf das Jahr 1910 zurück, als in Hünfeld ein Heimat- und Geschichtsverein gegründet wurde. Auf dessen Initiative hin entstand ein Museum. Nach einer wechselhaften Geschichte gab es im Zweiten Weltkrieg die Überlegungen, den Hünfelder Museumsverein aufzulösen. Doch Proteste der Bürger verhinderten die Auflösung des Vereins und des Museums. 1977 öffnete das Museum in der ehemaligen Volksschule am Kirchplatz, dem heutigen Standort. In den kommenden Jahren wurde es stetig erweitert. Im Vorfeld des Hessentages 2000 wurde das neu gestaltete Museum präsentiert und trägt seitdem den Namen „Konrad-Zuse-Museum mit Stadt- und Kreisgeschichte“.